Wer sich für die Geschichte Saarbrückens interessiert, der wird bei der Mondscheintour für Genießer voll auf seine Kosten kommen. Organisiert vom Hotel Leidinger in der Mainzer Straße in Saarbrücken St. Johann wird die Tour geführt von einem echten Tausendsassa (ich hoffe er verzeiht mir den Ausdruck): Klaus Friedrich ist der Leiter und Erzähler dieser ungewöhnlichen Tour und ein wandelndes Lexikon in Bezug auf Saarbrücken und das Saarland, insbesondere für alles, was mit der Zeit des Barock zu tun hat.
Alt-Saarbrücken, Mondscheintour für Geniesser
Dass er gemeinsam mit dem Leidinger den Teilnehmer den Abend zusätzlich mit nicht alltäglichen Gaumenfreuden versüßt, macht das ganze zu einem echten Event, dass lange in Erinnerung bleibt. Ende August 2016 habe ich zum ersten Mal teilgenommen und inzwischen war ich bereits ein zweites Mal dabei. Ein drittes Mal wird es für mich mit Sicherheit noch geben, denn die Geschichten, die Friedrich im Laufe des Abends erzählt sind so zahlreich, dass man sie gar nicht alle erfassen kann. Zudem sind die Touren von den besuchten Orten nicht gleich, hier gibt es Unterschiede jeweils bei den Touren Mittwochs im Vergleich zu den Touren an Donnerstagen oder Samstagen. Doch dazu gleich noch mehr.
Die Mondscheintour beginnt am Ludwigsplatz, einem der schönsten Orte des deutschen Barocks. Der Platz selbst, die umliegenden Gebäude sowie die Ludwigskirche halten die Gruppe mit Erzählungen gleich schon eine ganze Weile beschäftigt. Von dort geht es auf einen Spaziergang zum Saarbrücker Schloss und seiner Umgebung, durch die Wilhelm-Heinrich-Straße (mit Erzählungen über die bereits hier gastierten Wolfgang Amadeus Mozart und Hermann Hesse) und das Altneugäßchen von Alt-Saarbrücken.
Am Schloss angekommen unterscheidet sich die Tour dann je nach Wochentag. Mittwochs wird die Alte Sammlung des Saarlandmuseums besucht, Donnerstags geht es in das Historische Museum Saar und die unterirdischen Kasematten des alten Renaissance-Schlosses. Samstags wandelt man (noch mehr) auf den Spuren des Baumeisters Friedrich Joachim Stengel durch das barocke Saarbrücken und lernt ungewöhnliche Blickwinkel auf Alt-Saarbrücken kennen.
Über die alte Fußgängerbrücke am Staatstheater vorbei geht es von Alt-Saarbrücken nach St. Johann, über den St. Johanner Markt zum im Jahr 1812 erbauten Haus, in dem heute das Leidinger residiert. Hier beginnt der wirklich interessante und schmackhafte kulinarische Teil des Abends. Nach einer Begrüßung mit saarländischem Winzersekt serviert das Leidinger inklusive Erklärung durch Klaus Friedrich ein eigens für den Abend zusammengestelltes Menü aus regionalen Originalrezepten des Jahres 1769 (recherchiert durch ein in Zweibrücken sichergestelltes Kochbuch. Dazu werden ganz hervorragende regionale Weine von Saar und Obermosel gereicht. Dieser Teil des Abends, der in einem urigen Gewölbekeller stattfindet ist eines der Highlights und lädt eigentlich zum Verweilen ein. Verschiedene Gäste halten darüber hinaus spannende Vorträge. Donnerstags vermittelt der erste zertifizierte Wassersommelier des Saarlandes, Herr Armin Schönenberger Interessantes rund um das Lebenselixier Wasser. Samstags stehen ausgewählte Premium-Weine von Obermosel und Saar im Vordergrund, zusammen mit den traditionell hergestellten Käsespezialitäten der Dorf- und Schaukäserei Hirztaler aus Illingen-Hirzweiler, sowie die dazu gereichten hausgemachten Chutneys der Manufaktur Fruchteria von Inhaberin Andrea Dumont, deren Ladengeschäft sich direkt gegenüber des Leidingers befindet.
Satt und voll mit Wissen mag so mancher den Wunsch hegen, heim auf die heimische Couch zu gelangen um den Abend in der horizontalen ausklingen zu lassen. Doch die Mondscheintour ist hier noch nicht zu Ende und es wäre wirklich Schade, den anschließenden Teil zu verpassen. Denn nun geht es vom den Hinterausgang des im Neugäßchen durch die stimmungsvoll beleuchteten Gassen und Straßen der St. Johanner Altstadt zum Stammhaus mit einigen interessanten Fakten zum alten und neuen Saarbrücken. Zum Abschluss werden dann je nach Tour unterschiedliche Punkte angesteuert. Ein mögliches Ende der Tour ist das Stiefel-Bräu am St. Johanner Markt, wo der Abend gemütlich bei einem frisch gezapften «Stiefel-Bier» ausklingt. Ein anderer möglicher Endpunkt ist eines der beiden noch aus der alten Zeit erhaltenen Häuser der Bahnhofstraße – die Räumlichkeiten von Juwelier Kraemer, in dem die Gäste einer der ganz alteingessesenen Familien der Stadt begegnen: den Goldschmieden von Kraemer, sowie den Buchdruckern Hofer, die im Auftrag Wilhelm Heinrichs im Jahr 1761 die Saarbrücker Zeitung gegründet haben.
Der Preis für die Mondscheintour beträgt zur Zeit pro Person ca. 44 Euro. Meiner Meinung nach bekommt man an diesem Abend deutlich mehr für sein Geld als bei den meisten anderen Veranstaltungen jedweder Art. Man geht danach wirklich mit anderen Augen durch Saarbrücken. Karten für die Mondscheintour sind im Vorverkauf bei Ticket Regional und im Leidinger erhältlich. Die Teilnahme ist begrenzt, frühzeitige Anmeldung wird empfohlen.